Integration, mit immer weniger Lehrkräften?

20. September 2012  Allgemein

Am 17.9.2012 besuchte die baden-württenbergische Integrationministerin Bilkay Öney auf Einladung des Deutsch-Ausländischen Freundeskreises eine Veranstaltung in Bretten.

Aus ihrem Referat, das sie bei der Veranstaltung hielt, wurde deutlich, dass die Integration der Menschen mit Migrationshintergrund weit hinter den Erwartungen zurückbleibt.

Vielleicht auch aus Zeitmangel gelang es der Ministerin nicht, vor allem die politischen Hintergründe der missglückten Integration zu durchleuchten. Hierfür hätte man eigentlich die Umstände der Einwanderung von Arbeitskräften ab dem ersten Anwerbeabkommen mit vielen süd, süd-ost europäischen und auch nordafrikanischen Ländern Ende der 50er und und Anfang der 60er-Jahre argumentativ heranziehen müssen.

Das berühmte Max Frisch Zitat ‚ Man rief Arbeitskräfte, aber es kamen Menschen‘ erklärt das Wesen dieser Abkommen sehr gut.

Hunderttausende Menschen wurden mit strengen, vor allem gesundheitlichen Auswahlverfahren, ins Land geholt. Meist waren dies Menschen mit beruflicher Qualifikation in ihren Herkunftsländern und nicht, wie oftmals behauptet, unqualifizierte Kräfte aus dem ländlichen und bäuerlichen Gegenden.

Die rechtliche Lage dieser Menschen fiel unter ein sehr restriktives und immer aus der Perspektive des Fremdseins beschriebenes Ausländergesetzes. An den Jahrhunderte währenden Erfahrungen mit Einwanderung in Deutschland, z.B. aus Polen in das Ruhrgebiet oder der protestantischen Hugenotten und Waldenser nach Brandenburg und Württenberg, müsste es auch damals beim Anwerben von Arbeitskräften Anfang der 60 er klar gewesen sein, dass diese Menschen hier auf Dauer bleiben würden.

Das Interesse der damaligen Industrie- und Wirtschaftsverantwortlichen galt nicht der der gesamtgesellschaftlichen Integration und Inklusion dieser Menschen, sondern dem schnellen Profit mit deren Arbeitskraft. Dies war für sie offensichtlich mit den selbstbewussten und gewerkschaftlich gut organisierten deutschen Arbeitnehmern nicht wunschgemäss zu bewerkstelligen.

Den hergeholten Arbeitskräften gab man zu verstehen, dass sie nur ‚Gäste‘ bzw. ‚Gastarbeiter‘ seien. Man verunsicherte die Menschen mit befristetem Aufenthalt, Arbeitserlaubnissen und Arbeitsverträgen, die den Arbeitgebern freie Hand gewährten. Wollte man sich unliebsamer und unbequemer Arbeiter entledigen, verlängerte man einfach ihren Arbeitsvertrag nicht, was zur Folge hatte, dass ihre Aufenthaltsgenehmigung und Arbeitsgenehmigung erlosch, was oft zur Zwangsausweisung aus Deutschland führte.

Es war damals üblich, die Ankömmlinge in völlig isolierten und von der deutschen Bevölkerung abgekoppelten Barackenstädten unterzubringen, die auch in unserer Region vorzufinden sind (z.B.die Unterkünfte der Heidelberger Druckmaschinen in Walldorf).

Diese Art der bewussten Isolationspolitik ist ein wichtiger Grund für die Ghettoisierung von nichtdeutschen Bevölkerungsgruppen in Ballungsgebieten wie dem Rhein-Neckar Raum, dem Ruhrgebiet oder Berlin-Kreuzberg. Die politisch gewollte, bewusste Leugnung (noch bis nach der Jahrtausendwende), dass Deutschland ein Einwanderungsland ist, führte u.a. dazu, dass in den 80er-Jahren versucht wurde, sich mit sogenannten Rückkehrhilfen der unliebsam gewordenen und angeblich nicht integrierbaren ersten Generation zu entledigen. Man gab ihnen 10.000 DM in die Hand, zahlte ihnen nur die eigenen eingezahlten Beiträge zur Rentenversicherung aus und schickte sie, ohne eine Option auf Rückkehr, in ihre Herkunftsländer zurück. Kinder dieser Menschen, die zu diesem Zeitpunkt in Deutschland zur Schule gingen und eigentlich Deutschland als ihr Zuhause ansahen, litten besonders unter dieser Rückführung, weil sie im Land ihrer Eltern auch wieder Ausländer waren und sie niemand gefragt hatte, wo sie leben wollten.

Die aktuell Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft müssen angesichts der Streichung von Lehrerstellen, Kürzung von Ausgaben in der Gesundheits-, Kultur- und Integrationsarbeit, erklären, wie man die oftmals ungerechte Schuldweisung an die angeblich Integrationsunwilligen, begründet.

Die Begründungen, angeblich erforderliche Sparmaßnahmen, gelten offensichtlich nicht für die sogenannte ‚Bankenrettung‘, für die hunderte von Milliarden Euro auf Anpfiff bereitstehen.


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