Am 13.11.2014 fand in der Sporthalle der Pestalozzischule in Bretten-Diedelsheim eine mit ca. hundert Bürger/innen besuchte Veranstaltung des Landkreises Karlsruhe zusammen mit dem Brettener Oberbürgermeister Martin Wolff statt. Verantwortliche der Landkreisverwaltung betonten einführend, sie wollten alle Bedenken ernst nehmen. Sie teilten die die Zuhörenden (erfahrungsgemäß?) in drei Gruppen ein: „bedingungslose Helfer“, „Bedenkenträger/innen“ und „Zuwanderungskritische“.
Die Vortragenden führten anhand einer Powerpoint-Präsentation in die sog. Problematik des Asylgesetzes und der Immigration ein. Hier wurde deutlich, dass die aktuellen Asylbewerber/innenzahlen in der Bundesrepublik zwar ansteigend seien, aber nicht den Stand von 1992, zurzeit Krieges im ehemaligen Jugoslawien, erreicht hätten.
Die Hauptherkunftsländer der Asylbewerber/innen seien derzeit mit jeweils etwas über 20 % Syrien und, zusammengerechnet, die Länder Serbien, Mazedonien, Bosnien-Herzegowina und Albanien.
Da die Asylverfahren sehr lange dauern und die Einstellung von zusätzlichem Personal beim Bundesamt für Migration nicht dem Anstieg der Flüchtlingszahlen angepasst wurde, ist damit zu rechnen, dass die in Bretten bzw. Diedelsheim Aufgenommenen zwei Jahre oder länger bleiben werden.
Die Referenten beschrieben schwierige Rahmenbedingungen und wiesen besonders auf fehlende geeignete Immobilien im Landkreis Karlsruhe hin. Der Hinweis aus der Bürgerschaft Diedelsheims auf dezentrale Unterbringung wurde mit dem Argument höherer Kosten beantwortet. Belege oder Vergleichszahlen für diese Annahme wurden jedoch nicht vorgebracht. Man erfuhr auf Nachfrage, dass einem Flüchtling aktuell 4,5 m2 Wohn- und Schlafraum zusteht!
Das „Betreuungskonzept“ des Landkreises sieht für 100 Flüchtlinge 3,5 Personalstellen vor. Diese Relation stieß im Publikum auf großes Unverständnis, zumal die Landkreisbediensteten zu berichten wussten, dass auch traumatisierte Menschen, die einen hohen Betreuungsbedarf haben, kommen werden. Hier setzt man auf die Unterstützung der Hauptamtlichen durch Ehrenamtliche wie z.B. am Standort „An der Schießmauer“ in Bretten. Entsprechende Formulare lagen bereits aus. Ein Ehrenamts-Koordinator soll demnächst eingestellt werden.
Die Vertreter des Landkreises bekräftigten, dass eine GU (Gemeinschaftsunterkunft) mit 100 Plätzen, was manche Diedelsheimer/innen als Überforderung des Stadtteils sahen, eine „richtige Größe“ sei.
Die Bedenken mancher im Plenum entzündeten sich – neben der Zahl der Flüchtlinge – an der Lage des Standorts des Hotels „Grüner Baum“, das in der Presse seit Wochen genannt wird. Die Frage, ob die Immobilie bereits angemietet sein, konnten oder wollten die Sprecher/innen des Landkreises nicht beantworten.
Die unmittelbaren Nachbarn des „Grünen Hof`s“ präsentierten sich gut vorbereitet: sie argumentierten mit fehlenden Außenflächen, besonders für untergebrachte Kinder von Flüchtlingsfamilien, möglicherweise entstehende Engpässen bei Kitaplätzen für Diedelsheimer Familien, Lärmbelästigung, Kriminalität und dem Wertverlust des Eigenheims.
Unsachlich und aggressiv vorgetragene Beiträge fanden im Publikum schnelle Resonanz: viele Bürger verließen den Saal. Ans Mikrofon gingen daraufhin Menschen, die die Aufnahme von Flüchtlingen aus christlicher Verpflichtung oder aufgrund eigener Migrationserfahrung befürworten.
Insgesamt war es eine informative Veranstaltung, bei der die Bürger/innen zu Wort kamen. Die anwesenden Lokalpolitiker/innen übten sich in Zurückhaltung. Die Verantwortlichen des Landkreises ließen keinen Zweifel darüber aufkommen, dass Standort und Anzahl der Flüchtlinge feststehen. Für Bürgerbeteiligung, außer dem Ehrenamt, solle kein Raum sein. Ob die dargelegten Informationen vollständig waren und zum richtigen Zeitpunkt kamen und ob die Bürger/innen sich ernstgenommen fühlten, wird sich unseres Erachtens zeigen.
Hinterlasse einen Kommentar
Du musst angemeldet sein, um einen Kommentar abzugeben.