Die „blaue Blume im Stall“. Brettener Linke diskutierte über ökologische Landwirtschaft.

26. Mai 2012  Allgemein

Zu einer Vortragsveranstaltung über ökologische Landwirtschaft hatte der Brettener Ortsverband der Partei „Die Linke“ am vergangenen Donnerstag eingeladen. Mit Herbert Ernst, einem Bio-Bauern aus Kraichtal-Gochsheim, konnte dafür ein Referent gewonnen werden, der das Thema auch vor dem Hintergrund langjähriger praktischer Erfahrungen behandelte.
Ernst skizzierte zunächst die Entwicklung der Landwirtschaft seit dem 18. Jahrhundert und wies darauf hin, dass sich erst um diese Zeit Neuerungen wie die Stallhaltung des Viehs, die organische Düngung und der Kleeanbau durchsetzten. Dies führte, ohne Einsatz chemischer Substanzen, zu einem deutlichen Zuwachs der Produktivität. In den 1950er Jahren erfolgte dann die große Wende in der Landwirtschaft mit dem Durchbruch des Kunstdüngers, der Massentierhaltung und der politisch gewollten Konzentration auf immer weniger Großbetriebe. Gab es damals zunächst noch rund 5 Millionen selbstständige Landwirte in der Bundesrepublik, so sind es mittlerweile nur noch etwa 350.000. Die Folgen dieser Entwicklung, so betonte Ernst, seien gravierend. Sie reichten von ausgeräumten Landschaften und sterbenden Dörfern über chemisch belastete Lebensmittel und die Tierquälerei in Massenbetrieben bis zur Zerstörung der selbstständigen Landwirtschaft in der Dritten Welt durch hochsubventionierte Nahrungsmittelexporte.
Die entstehenden Lasten habe der Bürger sowohl als Verbraucher, als auch als Steuerzahler zu tragen. Abschließend plädierte Herbert Ernst für eine Landwirtschaft, die wieder gesunde, unbelastete Lebensmittel produziert, kleinräumig orientiert ist und sich ihrer Verantwortung für die Landschaft und die Tiere wieder bewusst wird. Es gelte, der Landschaft wieder eine Seele zu geben und die „blaue Blume“ wieder in den Stall zurückzuholen.
In der Diskussion, die sich an den faktengesättigten Vortrag anschloss, wurden von den Zuhörern zahlreiche weitere Aspekte aufgegriffen. So ging es um die Preise von Lebensmitteln im Bio-Bereich, um die Auswirkungen der staatlichen Nahrungsmittelsubventionen auf die Länder der europäischen Peripherie und um die Frage, welchen Einfluss die großen Chemiekonzerne auf die Entwicklung der Landwirtschaft haben. Klar wurde dabei, dass die Probleme der Landwirtschaft nicht von den allgemeinen Entwicklungen, insbesondere auch des kriselnden Weltfinanzsystems, zu trennen sind.