Bildungspolitik: Die Schuldenbremse wirft ihre Schatten voraus

15. Juli 2012  Allgemein

Wie sehr die „Schuldenbremse“ jetzt schon wirkt, belegte Kultusministerin Gabriele Warminski-Leutheußer (SPD) am 11. Juli bei einer Veranstaltung in Bretten. Gekommen war sie, um die Bildungspolitik der baden-württembergischen Landesregierung von „Grünen“ und SPD zu erläutern, am Ende stand ein argumentatives Fiasko. Schon kurz nach Beginn der Diskussion, die auf den einleitenden Vortrag der Ministerin folgte meldete sich ein Genosse des Brettener Ortsverbandes der LINKEN zu Wort und stellte drei einfache, klare Fragen:

1. Ist es richtig, dass die Landesregierung 11 000 Lehrerstellen in Baden-Württemberg kürzen will ?

2. Wie steht die Ministerin zu der Aussage der GEW, dass eigentlich jetzt schon 5 000 Lehrerstellen im Land zu besetzen sind, um einen regulären Schulbetrieb aufrecht erhalten zu können ?

3. Stimmt es, dass darüber spekuliert wird, dass im Brettener Raum mit Verweis auf rückläufige Schülerzahlen in absehbarer Zeit drei Werkrealschulen geschlossen werden sollen ?

Treffsicher erwiderte die Ministerin zunächst, dass Fragen dieser Art wohl nur von einem Vertreter der Linken kommen könnten. Danach stimmte sie in fast zu erwartende Klagen über von der CDU/FDP-Landesregierung übernommene „Altlasten“ ein, um dann zum Kern der Sache zu kommen und die Katze aus dem Sack zu lassen.Zwar würden die Steuerquellen kräftig sprudeln, doch – oh je – die bevorstehende „Schuldenbremse“ schaffe nun einmal auch im Bildungsbereich Sach- und Sparzwänge, um die man nicht herum komme.

Leider vergaß Frau Warminski-Leutheußer allerdings zu erwähnen, dass eben diese Schuldenbremse nicht nur auf Bundesebene, sondern auch in den meisten Bundesländern in trauter Eintracht von CDU/CSU, SPD, FDP und Grünen durchgesetzt wurde. Als z.B. 2011 im Nachbarland Hessen über die Verankerung der Schuldenbremse in der Landesverfassung abgestimmt wurde, war es neben den Gewerkschaften einzig und allein die dort im Landtag vertretene LINKE, die gegen diese Verfassungsergänzung zum Schutz großer Vermögen und Spekulanten Stellung bezog.

Doch zurück zur Brettener Diskussion. Nachdem sich die Ministerin rund 40 Minuten lang an der Beantwortung der drei einfachen, klaren Fragen des Vertreters des LINKEN-Ortsverbandes abgemüht hatte, zeigte der weitere Verlauf des Abends, dass auch in der Kleinstadt Bretten der Unmut über eine grün-rosa Bildungspolitik wächst, die immer stärker auf dem Rücken von Schülern, Lehrern und Eltern ausgetragen wird. Eine Berufsschullehrerin merkte an, dass bereits jetzt an ihrer Schule zahlreiche Fächer unterbesetzt seien, obwohl viele Lehrer in Überstunden fast erstickten. Der Leiter einer örtlichen Realschule wies auf einen Brief von zwanzig Realschulrektoren an die Ministerin hin, in dem darüber geklagt wurde, dass der Pflichtstundenbereich nur noch teilweise aufrecht erhalten werden könne.

Vor diesem Hintergrund half dann auch der Hinweis von Frau Warminski-Leutheußer nicht mehr, dass man ja letztlich die Einführung von Gemeinschaftsschulen anstreben würde, in der die Klassenzimmer (offenbar als Höhepunkt der Reform) nicht mehr „Klassenzimmer“, sondern „Ateliers“ heißen sollen. An Trostpflästerchen dieser Art war das Publikum nur mäßig interessiert. Zurück blieb dagegen der Eindruck, dass sich die „Schuldenbremse“ jetzt schon bemerkbar macht und zur völligen Verwüstung bestehender, an sich schon nicht mehr ausreichender Bildungseinrichtungen führt. Dass sich unter dem Schlagwort der „notwendigen Einsparungen“ derartige Verwüstungen in den nächsten Jahren auch in Bereichen wie der Pflege, der Kulturarbeit und dem ÖPNV bemerkbar machen werden, ist mit einiger Sicherheit zu erwarten.